Ob als saisonaler Energiespeicher oder das große Versprechen einer emissionsfreien Luftfahrt: Wasserstoff gilt seit langem als unverzichtbarer technologischer Weg zur CO2-Neutralität. Gleichzeitig ist Wasserstoff bereits heute ein wichtiger Rohstoff für die chemische Industrie, die derzeit der größte Wasserstoffverbraucher in Deutschland ist. Im Jahr 2021 verbrauchten deutsche Chemiefabriken 1,1 Millionen Tonnen Wasserstoff, das entspricht 37 Terawattstunden Energie und etwa zwei Drittel des in Deutschland verbrauchten Wasserstoffs.
Laut einer Studie der Deutschen Arbeitsgruppe Wasserstoff könnte der Bedarf an Wasserstoff in der chemischen Industrie auf mehr als 220 TWH steigen, bevor das festgelegte Ziel der CO2-Neutralität im Jahr 2045 erreicht wird. Das Forschungsteam besteht aus Experten der Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA) und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) wurde beauftragt, einen Fahrplan für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu entwerfen, damit Wirtschaft, Verwaltung und Politik gemeinsam die möglichen Zukunftsaussichten einer Wasserstoffwirtschaft verstehen können Schritte, die zum Erstellen eines solchen erforderlich sind. Das Projekt erhält eine Förderung in Höhe von 4,25 Millionen Euro aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Einer der vom Projekt abgedeckten Bereiche ist die chemische Industrie (ohne Raffinerien), die jährlich etwa 112 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalente ausstößt. Das macht etwa 15 Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands aus, obwohl der Sektor nur etwa 7 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs ausmacht.
Das scheinbare Missverhältnis zwischen Energieverbrauch und Emissionen im Chemiesektor ist auf die Nutzung fossiler Brennstoffe als Grundstoff zurückzuführen. Die chemische Industrie nutzt nicht nur Kohle, Öl und Erdgas als Energiequellen, sondern zerlegt diese Ressourcen auch als Rohstoffe in Elemente, vor allem Kohlenstoff und Wasserstoff, um sie zur Herstellung chemischer Produkte wieder zu kombinieren. Auf diese Weise produziert die Industrie Grundstoffe wie Ammoniak und Methanol, die dann zu Kunststoffen und Kunstharzen, Düngemitteln und Farben, Körperpflegeprodukten, Reinigungsmitteln und Arzneimitteln weiterverarbeitet werden. Alle diese Produkte enthalten fossile Brennstoffe, und einige bestehen sogar vollständig aus fossilen Brennstoffen, wobei die Verbrennung oder der Verbrauch von Treibhausgasen für die Hälfte der Emissionen der Industrie verantwortlich ist, während die andere Hälfte aus dem Umwandlungsprozess stammt.
Grüner Wasserstoff ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Chemieindustrie
Selbst wenn die Energie der chemischen Industrie vollständig aus nachhaltigen Quellen stammen würde, würden sich die Emissionen daher nur halbieren. Die chemische Industrie könnte ihre Emissionen durch die Umstellung von fossilem (grauem) Wasserstoff auf nachhaltigen (grünen) Wasserstoff mehr als halbieren. Bisher wird Wasserstoff fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen hergestellt. Deutschland, das etwa 5 % seines Wasserstoffs aus erneuerbaren Quellen bezieht, ist international führend. Bis 2045/2050 wird sich der Wasserstoffbedarf Deutschlands auf über 220 TWH mehr als versechsfachen. Der Spitzenbedarf könnte bis zu 283 TWH betragen, was dem 7,5-fachen des aktuellen Verbrauchs entspricht.
Zeitpunkt der Veröffentlichung: 26. Dezember 2023